Donnerstag, 9. Juni 2016

Bedeutung der Mirabellen

Die Mirabelle ist eine Unterart der Pflaume. Mit ihrer kugelrunden Form und ihrer lichtvollen, sonnigen Farbe verbindet man die Frucht des dornenlosen Baums mit Lebensfreude, guter Laune und dem Sommer. Das Wort Mirabelle stammt aus dem Lateinischen „Mirabilis“ und bedeutet „die Wunderbare“. Der beliebte französische Mädchenname „Mirabella“, steht für Schönheit.
Die mittlerweile fast nur noch in der älteren Generation bekannte Frucht fand erst im 16. Jahrhundert ihren Weg aus Kleinasien nach Frankreich. Dort wurde sie sehr populär. In Lothringen, welches im Nord-Osten Frankreichs liegt,  befindet sich das größte Mirabellenanbaugebiet. Als „La Reine de Lorraine“ wird die Verführung der Sinne bezeichnet.
Die ungewöhnlich zarte und süße Frucht findet auch in der Literatur immer wieder Bedeutung. Sowohl in „Der Geist der Mirabelle“ von Siegfried Lenz als auch in „Das Parfum“ von Patrick Süskind trägt die Mirabelle eine wesentliche Rolle. Das „Mirabellenmädchen“ in „Das Parfum“, gilt für Grenouille als Motivation, das perfekte Parfum zu erstellen. Wie ein roter Faden zieht sich das Symbol der Mirabelle leitmotivisch durch das bekannteste Werk Patrick Süskinds.  
Die Frucht, welche für Leichtigkeit, Eleganz, Romantik, Eleganz, und Zärtlichkeit steht, verführt mit ihrem anmutig-warmen, unverwechselbaren Geruch die sensible Nase des Parfümeurs Grenouille. Das sogenannte Mirabellenmädchen nimmt das Geruchsgenie in ihren Bann, unbeschreiblich wirkt die Mischung aus Leichtigkeit und Schwere, die Frische und Wärme des Duftes auf die sensibelste Nase von ganz Paris. Die Reinheit des Duftes hat eine anziehende Macht (Seite 52/53). Dies symbolisiert ebenso das Mädchen. Die Verbindung der beiden Bestandteile des Buches werden im Duft symbolisiert. So wie das Fleisch des Rosengewächses süß und aromatisch ist, ist diese Frucht empfindlich und leicht verderblich. Die gleichen Charakterzüge sind bei dem Mirabellenmädchen wiederzufinden.
Die Frucht verliert schnell ihren verzaubernden Geruch und verdirbt. So beschreibt auch Süskind das “Verwelken“ des Mirabellenmädchens in seinem Bestseller. Dem Mädchen wurde mit ihrem  Körpergeruch auch ihre Lebenskraft ausgesogen: Wie ein Mensch ohne Geruch nichts mehr ist, so verliert auch die Mirabelle ihre Leichtigkeit, Zärtlichkeit und ihre feminine Wirkung. Die Schönheit ihres Lebens, die Vitalität und der Genuss vergehen. Die Liebe und Verführung der Ausstrahlung sind sehr fragil und von einem Moment auf den anderen vergänglich.
Mirabellen sind spätreifend. Ihre Reifezeit liegt im Gegensatz zu vielen anderen Früchten erst im August und September. So wie die Mirabellen ihre Zeit zum Reifen braucht, benötigt dies auch ihr Geruch, wie auch der Geruch eines Menschen. Wenn die Frucht noch in ihrer Blütezeit geerntet wird, ist sie noch nicht bestmöglich entwickelt. Sie ist nicht endgültig gereift, um ihre vollkommene Schönheit und ihren Duft komplett zu entfalten. Das Mirabellenmädchen erreichte ihre Reife ebenso nicht, sie wurde vor der fertigen Entwicklung ihres Körpers “gepflückt“.
Das Symbol „gepflügt werden“ deutet auf die späteren Anschuldigungen eines sexuellen Missbrauches hin.
 „Und ihre Hände waren gelb vom Saft der aufgeschnittenen Mirabellen“  (Seite 55) beschreibt einen weiteren Zusammenhang zwischen dem Mädchen und der Bedeutung der Mirabellen. Nach dem Tod des Mädchens, klebte der Saft der Mirabellen immer noch an ihren Händen. Somit bleibt etwas zurück, eine Erinnerung, ein Lebenszeichen, welches nach dem Verwelken nur noch ein Lebloses Überbleibsel darstellt. Der Duft verfliegt ebenso wie das Leben des Mädchens und der Mirabellen.

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