Die Mirabelle ist eine Unterart der Pflaume. Mit ihrer
kugelrunden Form und ihrer lichtvollen, sonnigen Farbe verbindet man die Frucht
des dornenlosen Baums mit Lebensfreude, guter Laune und dem Sommer. Das Wort
Mirabelle stammt aus dem Lateinischen „Mirabilis“ und bedeutet „die
Wunderbare“. Der beliebte französische Mädchenname „Mirabella“, steht für
Schönheit.
Die mittlerweile fast nur noch in der älteren Generation
bekannte Frucht fand erst im 16. Jahrhundert ihren Weg aus Kleinasien nach
Frankreich. Dort wurde sie sehr populär. In Lothringen, welches im Nord-Osten Frankreichs liegt, befindet sich das größte
Mirabellenanbaugebiet. Als „La Reine de Lorraine“ wird die Verführung der Sinne
bezeichnet.
Die ungewöhnlich zarte und süße Frucht findet auch in der
Literatur immer wieder Bedeutung. Sowohl in „Der Geist der Mirabelle“ von Siegfried
Lenz als auch in „Das Parfum“ von Patrick Süskind trägt die Mirabelle eine
wesentliche Rolle. Das „Mirabellenmädchen“ in „Das Parfum“, gilt für Grenouille
als Motivation, das perfekte Parfum zu erstellen. Wie ein roter Faden zieht
sich das Symbol der Mirabelle leitmotivisch durch das bekannteste Werk Patrick
Süskinds.
Die Frucht, welche für Leichtigkeit, Eleganz, Romantik,
Eleganz, und Zärtlichkeit steht, verführt mit ihrem anmutig-warmen,
unverwechselbaren Geruch die sensible Nase des Parfümeurs Grenouille. Das sogenannte Mirabellenmädchen nimmt das
Geruchsgenie in ihren Bann, unbeschreiblich wirkt die Mischung aus Leichtigkeit
und Schwere, die Frische und Wärme des Duftes auf die sensibelste Nase von ganz
Paris. Die Reinheit des Duftes hat eine anziehende Macht (Seite 52/53). Dies
symbolisiert ebenso das Mädchen. Die Verbindung der beiden Bestandteile des
Buches werden im Duft symbolisiert. So wie das Fleisch des Rosengewächses süß
und aromatisch ist, ist diese Frucht empfindlich und leicht verderblich. Die
gleichen Charakterzüge sind bei dem Mirabellenmädchen wiederzufinden.
Die Frucht verliert schnell ihren verzaubernden Geruch und
verdirbt. So beschreibt auch Süskind das “Verwelken“ des Mirabellenmädchens in
seinem Bestseller. Dem Mädchen wurde mit ihrem Körpergeruch auch ihre
Lebenskraft ausgesogen: Wie ein Mensch ohne Geruch nichts mehr ist, so verliert
auch die Mirabelle ihre Leichtigkeit, Zärtlichkeit und ihre feminine Wirkung.
Die Schönheit ihres Lebens, die Vitalität und der Genuss vergehen. Die Liebe
und Verführung der Ausstrahlung sind sehr fragil und von einem Moment auf den
anderen vergänglich.
Mirabellen sind spätreifend. Ihre Reifezeit liegt im
Gegensatz zu vielen anderen Früchten erst im August und September. So wie die
Mirabellen ihre Zeit zum Reifen braucht, benötigt dies auch ihr Geruch, wie
auch der Geruch eines Menschen. Wenn die Frucht noch in ihrer Blütezeit
geerntet wird, ist sie noch nicht bestmöglich entwickelt. Sie ist nicht
endgültig gereift, um ihre vollkommene Schönheit und ihren Duft komplett zu
entfalten. Das Mirabellenmädchen erreichte ihre Reife ebenso nicht, sie wurde
vor der fertigen Entwicklung ihres Körpers “gepflückt“.
Das Symbol „gepflügt werden“ deutet auf die späteren
Anschuldigungen eines sexuellen Missbrauches hin.
„Und ihre Hände waren
gelb vom Saft der aufgeschnittenen Mirabellen“
(Seite 55) beschreibt einen weiteren Zusammenhang zwischen dem Mädchen
und der Bedeutung der Mirabellen. Nach dem Tod des Mädchens, klebte der Saft
der Mirabellen immer noch an ihren Händen. Somit bleibt etwas zurück, eine
Erinnerung, ein Lebenszeichen, welches nach dem Verwelken nur noch ein Lebloses
Überbleibsel darstellt. Der Duft verfliegt ebenso wie das Leben des Mädchens
und der Mirabellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen