Donnerstag, 9. Juni 2016

Intertextualität im Parfum



Der Roman “Das Parfum“ von Patrick Süskind ist ein Werk der Postmoderne. Diese dienen häufig der Unterhaltung des Lesers und zeichnen sich vor allem durch Intertextualität aus. Dabei werden in einem Roman Bezüge zu anderen literarischen Werken gezogen, im Parfüm beispielsweise zur Geschichte des Glöckners von Notre Dame und zur Schöpfungsgeschichte aus der Genesis.

Zu allererst gleichen sich die Geschichten im Ort des Geschehens, beide Handlungen finden in Paris statt, jedoch in verschiedenen Zeitaltern. Patrick Süskinds Protagonist Grenouille weist Bezüge zu Quasimodo, der Hauptfigur in „Der Glöckner von Notre Dame“, auf. Die beiden Charaktere teilen sowohl äußere als auch innere Eigenschaften.
Quasimodo ist ein Findelkind, er wird zu Beginn der Geschichte von einem Geistichen aufgenommen und aufgezogen. Grenouille kann ebenfalls als ein Findelkind betrachtet werden und wird zu Beginn ebenfalls von einem Geistlichen aufgenommen, in jedem Fall sind beide Figuren Waisen. Daraus resultiert der Hass beider Figuren auf ihren Ursprung, auf die, die sie zeugten und großzogen. Außerdem teilen beide Charaktere ihr hässliches äußeres, Quasimodo seinen krüppligen Rücken und die Warze auf seinem Auge und Grenouille die Narben des Milzbrandes und seinen verkrüppelten Fuß. Quasimodo ist nach Jahren des Glockenläutens taub und Grenouille ist geruchlos, was ebenfalls eine Verbindung aufweist, da das zwei Eigenschaften sind, die für die jeweiligen Berufe Glöckner und Parfümeur essentiell sind. Quasimodo und Grenouille werden beide von den ihnen umgebenen Menschen verabscheut, jedoch genießen diese Menschen das, was die Protagonisten schaffen. Das von Quasimodo geschaffene Glockengeläut der Kirche Notre Dame wird von der Bevölkerung genauso genossen wie die vom Parfümgenie Grenouille geschaffenen Düfte. Im Werk „Der Glöckner von Notre Dame“ wird von einem „goldenen Herzen“ Quasimodos gesprochen, da er seiner Liebe Esmeralda gegenüber völlig selbstlos ist, bis hin zur Selbstaufgabe und dem Tod an ihrem Grab. Ähnlich sind bei Grenouille die Liebe und Hingabe für das perfekte Parfüm, nach dessen Erreichen er sein Lebensziel für erfüllt betrachtet. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass sich beide Figuren im Laufe der Geschichte in Schuld geraten sind. Sowohl Grenouille als auch Quasimodo begangen Morde, wobei Grenouille eine sehr große Anzahl junger Frauen umbrachte, Quasimodo jedoch nur einen Mord aus Verzweiflung und Ausweglosigkeit begang.

Neben dem Glöckner von Notre Dame bezieht Patrick Süskind auch die Schöpfungsgeschichte aus der Genesis in seine Handlung ein. Während Grenouilles Selbstfindungsphase im Plomb du Cantal tauchen immer wieder Passagen aus der Genesis auf, er erschafft sich sein eigenes Reich in Trance mit ähnlichem Ablauf der Erschaffung der Erde.
Zu Beginn der Schöpfung beider Welten stehen brache Felder, über die Gott Samen aussäht, während Grenouille seine Düfte verstreut. Wie in der Bibel heißt es auch im Parfum „und er sah, dass es gut war“. Danach erscheint in Grenouilles Reich der Weingeist und lässt die Samen gedeihen und die Blüten wachsen, doch die Erscheinung des Geistes findet in der Schöpfungsgeschichte früher statt. Anschließend werden die Düfte durch den Wind des Odems über das Land verströmt, der Bestandteil der Geschichte von Adam und Eva ist. Am Ende seiner Schöpfung segneten sowohl Grenouille als auch Gott ihr Reich, und aufgrund der Erschöpfung legten sich beide nieder und ruhten. Der Protagonist Grenouille wird mit großen, mächtigen Fähigkeiten und als gottgleicher Herrscher dargestellt. Nach der Erschaffung wird er zornig und zerstört sein Reich, er ist willkürlich, was weder dem neuen noch dem altem Testament entspricht. Das ist ein grundlegender Unterschied zur Geschichte der Bibel. Durch die Anspielungen und Vergleiche zu Gott wird dem Leser die große Macht deutlich, die von Grenouilles Gabe ausgeht, die Düfte „zu beherrschen“.

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